Digitalisierung

In der Digitalisierung müssen Kompetenzen und Fähigkeiten der Mitarbeiter mit dem richtigen Wissen und Mindsets auf die entsprechenden Rollen und Aufgaben angepaßt oder aufgebaut werden.

Die Bauindustrie auf dem Weg zur digitalen Transformation

Albert Thienel
Experte
Die digitale Transformation in der Bauindustrie hat zwei Stoßrichtungen: Einerseits führen die Unternehmen digitale Optimierungssysteme, wie z.B. APPs für Mängelmanagement oder die "digitale Bauakte" ein, und andererseits werden Kompetenzen und Konzepte für das große Projekt BIM (Building Information Modeling/ Gebäudedatenmodellierung, sozusagen dem digitale Zwilling des Gebäudes) entwickelt.

Dutzende Poliere und Bauleiter gaben in meinen Projekten in der Bauindustrie an "3-5 Tage im Monat für die Fotoaufnahmen der Baumängel, dem Übertragen der Bilder in den PC und die Erstellung der Mängelmail an den Subunternehmer, zu verschwenden". Die Mängelmanagement-APP erledigt dies in einem Bruchteil der Zeit. Auch manche Bauakte ist eher ein "Ablage- denn ein Wiederauffindesystem" mit ggf. sehr teuren Konsequenzen. Die digitale Bauakte sorgt nicht nur für die Entlastung der Bauleitung durch eine schnelle und einfache Dokumentation vor Ort – sie ist zugleich ein wirksames Hilfsmittel für die effektivere Projektsteuerung und Nachkalkulation durch eine detaillierte Auswertung aller erfassten Baustellendaten. Dazu ermöglicht sie jederzeit den Zugriff – egal von wo. Die mentale Umstellung und Einarbeitung der Poliere und Bauleiter in derartige Systeme ist ein sehr begleitungsintensiver Transformationsprozess mit Pilotierung, hohem Mitwirkungsgrad und Einarbeitungsbedarf.

Der Begriff Building Information Modeling beschreibt eine Methode der optimierten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden und anderen Bauwerken mit Hilfe von Software. Dabei werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst. Das Bauwerk ist als virtuelles Modell auch geometrisch visualisiert. Building Information Modeling findet Anwendung sowohl im Bauwesen zur Bauplanung und Bauausführung als auch im Facilitymanagement, potenzielle für den gesamten Gebäude-Lebenszyklus.

Eine Reihe von Bauunternehmen haben begonnen zu Standardbauwerken erst mal diese Daten systematisch zu erarbeiten, um erste Grundlagen und Erfahrungen zu sammeln. Besonders interessant ist in der Fortführung natürlich die Nutzung von BIM Daten entlang des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. Im letzten Jahr hatte ich das Vergnügen genau dieses Lebenszyklusthema mit 25 Baumanager zu entwickeln. Ziele, Aufgaben, Kompetenzen, Systeme, Geschäftschancen durch Kundenmehrwert und Übergabespezifikationen zwischen den einzelnen Lebenszyklusphasen wurden erarbeitet und diskutiert. Auch hier wurde deutlich, dass die Verfolgung dieser Ziele mehrjährige Projektarbeit, Überzeugungskraft und Kooperation zwischen x- Abteilungen und Tochterunternehmen erfordert.

RIB Software SE hat in Kooperation mit Microsoft in 2018 das Projekt MTWO (5D BIM Construction Management Software) begonnen, um eine Cloud-Plattform für die Bauwirtschaft zu entwickeln. Die durch künstliche Intelligenz unterstützte Technologie trägt dazu bei, im Unternehmen entlang der Prozesskette alle in einem 5D-BIM-Modell gesammelten Erfahrungswerte auswerten und diese zusätzlich in neue Bauaufgaben einbringen zu können. Gleichzeitig werden Erfahrungen der Projektpartner auf jedes einzelne Gewerk heruntergebrochen und die komplette Baulogistik in diese detaillierte Auswertung eingebunden.

Für Verantwortliche und Projektbeteilige besteht ferner die Möglichkeit, auf Projektinformationen von Relevanz mit mobilen Endgeräten jedweder Art von überall auf der Welt zuzugreifen. Die Hoheit über die projekt- und unternehmensbezogenen Daten behält dabei der Investor, Bauherr oder das Bauunternehmen. Denn dort fällt die Entscheidung, welche Informationen genau in der Vertical Cloud zur Verfügung gestellt werden.

Erste Zulieferer haben sich auf BIM bereits eingestellt: So erstellt Kamatsu mittels Drohnen ein auf 3 cm exaktes Geländemodell in Punktwolkenform. Von der digitalen Vorplanung von Erdbewegungsarbeiten der Komatsu Baumaschinen bis hin zur Live-Prozessoptimierung ist einiges möglich im Tiefbau („BIM im Tiefbau“). Xella bietet z.B. den Anwendern von Hochleistungsbaustoffen kostenfrei Datensätze als BIM Objekte an. Die Daten einzelner Produktsysteme können heruntergeladen und in BIM fähiger Software verarbeitet werden

...und am Horizont sieht man schon weitere, disruptive Entwicklungen: 3-Druck erstellte Wohnungen und Häuser, z.B. in den Niederlanden, auf der Basis von Gebäudedaten.

So erwarb kürzlich PERI, der Markt- und Technologieführer im Bereich Schalung und Gerüst, eine Beteiligung an dem dänischen 3-D-Betondruckspezialisten COBOD. In Kopenhagen wurde bereits das erste 3-D-Druckgebäude in Europa gedruckt.

Richtig disruptiv, insbesondere für die Zementindustrie, wenn noch ein besonders 3-D fähiger Beton mit sehr guter CO2 Bilanz (CO2NCRETE™
Co2 Emissionen werden im Beton gebunden während der Produktion), hinzukommt. Eine Game-Changing Situation könnte dann in den nächsten 5-10 Jahren entstehen, wenn dieses Material in Massen gefertigt werden kann und verschärfte CO2 Regulierungsgesetze hinzu kommen.

Mehr zu den Gestaltungselementen und dem Gestaltungsprozess der digitalen Transformation können Sie in unseren Workshops "Digital Transformation Manager" oder "Digitale Geschäftsmodelle entwickeln und umsetzen" erfahren.






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