Digitalisierung

In der Digitalisierung müssen Kompetenzen und Fähigkeiten der Mitarbeiter mit dem richtigen Wissen und Mindsets auf die entsprechenden Rollen und Aufgaben angepaßt oder aufgebaut werden.

Der Maschinen- und Anlagenbau auf dem Weg zur Digitalisierung und digitalen Transformation

Albert Thienel
Experte
Die Produkte und Produktion zu digitalisieren sind die beiden Stoßrichtungen in der Digitalisierung im Maschinen- und Anlagenbau. Zunehmend werden darauf basierend auch neue, digitale Geschäftsmodelle entwickelt und umgesetzt.

Kleine und mittlere Unternehmen müssen sich zunehmend mit Kundenanforderungen nach Konnektivität (Vernetzungsfähigkeit) der Maschinen und Anlagen mit den digitalen Plattformen der Kunden auseinandersetzen. Entsprechende Überlegungen werden dann häufig für die nächste Maschinengeneration oder im Retrofit angestellt. Dabei schließt sich bei vielen automatisch die Frage an „Können wir die entstehenden Daten nutzen, um zusätzlich datenbasierte Services anzubieten und in datengetriebene Geschäftsmodelle einzusteigen?“.

Dies führt Unternehmen, wie z.B. SEW-Eurodrive, ins Life Cycle Management und Life Cycle Services: Von der Planung & Engineering, über Beschaffung & Lieferung, Installation & Inbetriebnahme (z.B. Remote Services, Condition Monitoring, preventive & predictive Maintenance) bis zur Modernisierung (Retrofit). Immerhin treiben die SEW Antriebsmotoren Transportbänder an, die bei Kunden 365 Tage rund um die Uhr laufen sollen.

Für viele Maschinen- und Anlagenbauer ist inzwischen die Konnektivität in Richtung der IoT Plattformen und Life Cycle Management zum Pflichtprogramm geworden, um auch zukünftig am Markt zu bestehen.

Eine Vielzahl von Herausforderungen sind allerdings zu bewältigen in kleineren und mittleren Unternehmen, wie z.B. die häufig anzutreffende, unzureichende Datenqualität der alten Maschinendaten, die zukunftsorientierte Ausrichtung auf eine inzwischen Vielzahl von IoT Plattformen, die passende Rekrutierung und Weiterbildung IT-Fach- und Führungskräfte, die kundenorientierte, agile Zusammenarbeit in und Führung von interdisziplinären Teams, die Bereitstellung der erforderlichen Finanzmittel und Ressourcen sowie die Wahl des erfolgsversprechenden, finanziellen Geschäftsmodells.

Bereits 2004/2005 durfte ich bereits in einem Projekt erleben, dass nach Kauf eines deutschen Anlagenbauers durch einen internationalen Konzern in den Anlagen Sensoren installiert wurden, die Daten einer Fernüberwachung zum Condition Monitoring bereitstellten. Danach ging es Schritt für Schritt: Preventive/Predictive Maintenance, Bereitstellung der Daten für das Field Service Management zur Steigerung der First Hit Rate, Aufbau einer technischen Akademie zur bezahlten Ausbildung der Kundentechniker und der eigenen, global agierenden Technikermannschaft sowie Steuerung und Optimierung der Anlagen über die Fernwarte. Entsprechend des schrittweisen Fortschritts im Systemaufbau und Datenanalytik wurden neue Services angeboten bis zu neuen Geschäftsmodellen: Langfristkontrakte mit vereinbarten Volumengarantien und Preisen. Dadurch wurden auch schrittweise neue, hoch interessante Kundensegmente und Partner (Versicherungen/Banken) gewonnen.

Während die meisten Unternehmen sich noch an digitalen Einzellösungen versuchen gehört Trumpf zu den Unternehmen, die ein eine vollständige digitale Transformation des Gesamtunternehmens auf den Weg gebracht haben. Zentrale Gestaltungsdimensionen der digitalen Transformation sind:

Digitale Strategie: Drei Stoßrichtungen: Digitale Lösungen für Kunden, digitale Technologieführerschaft und neue Geschäftsfelder für das eigene Unternehmen und die Mitarbeiterentwicklung (Kompetenzen und Organisation).

Customer Centricity und Prozessdigitalisierung: Die Customer Journey der Kunden soll vollständig begleitet werden, vom Auftragseingang bis zur Auslieferung (Prozessdigitalisierung). Entscheidend ist nicht mehr die verkaufte Stückzahl von Maschinen zu erhöhen, sondern die Kunden massiv zu unterstützen ihre Kunden wiederum besser bedienen zu können!

Digitale Transformation: Die interne, digitale Transformation hat vier große Gestaltungsfelder:

1. Die Business-IT soll als Motor des Wandels agieren und bis 2020 als "Digital Accelerator" des Unternehmens neu positioniert werden.
2. Smart-Factory-Lösungen für bestehende Produkte
3. Smart-Factory-Lösungen für neue Services und Geschäftsfelder
4. Disruptive Geschäftsmodelle

Digitales Geschäftsmodell "Manufacturing as a Service": Die Kunden sollen verbrauchsabhängig bezahlen und ggf. in den weltweiten Smart Factories von Trumpf produzieren lassen können. Alle Trumpf Werke werden vernetzt und Smart Factories weltweit errichtet.

ITC-Betrieb, Entwicklung, Organisation, Zusammenarbeit: Wie in vielen Unternehmen war die IT mehr als ausgelastet und konnte den Umfang und die zeitlichen Ansprüche der digitalen Agenda nicht mehr gerecht werden, insbesondere Digitalisierungsprojekte schnell zu skalieren. Aus der neuen Positionierung wurde abgeleitet, welche Aufgaben sie in Betrieb, Projekte und Strategie alleine bearbeitet und welche mit Herstellern (Aufgabenstellung Standarddienste) und Partner (gemeinsame strategische und innovative Projekte) angegangen werden. Kernthemen, wie z.B. die Maschinenakte, bleiben im Hause. Entsprechend musste die IT-Architektur massiv umgebaut werden. Agile, Lean Startup und klassische Projektmethoden werden je nach Projekttyp angewendet. Eine besondere Aufmerksamkeit liegt auf der komplexen Projektorchestrierung, damit die Projekte anforderungs- und zeitgerecht geführt werden können.

Kompetenzen und beidhändige Führung: In Zusammenarbeit mit der Personalabteilung wurde ein Kompetenzprogramm für die Mitarbeiter abgestimmt. Zu den neuen, wichtigen Kompetenzen zählen Architektur-, Partner- und Datenmanagement. Besonderen Wert wird auf Job-Rotation und die das Zielbild lernende IT-Organisation gelegt, damit die IT-Mitarbeiter und die IT-Organisation die gestellte Rolle erfüllen können.

In der Softwareentwicklung arbeitet Trumpf schon fast zehn Jahre agil. Seit zwei Jahren wurden auch in anderen Bereichen Gruppenleiter durch Product Owner und Agile Manager abgelöst. Der Product Owner übernimmt die fachlich-inhaltliche Führung in Richtung Produkt-Vision.

Der „Agile Manager“ unterstützt die zumeist interdisziplinären Teams selbständig und eigenverantwortlich zu arbeiten. Der „Agile Manager“ baut die passende Teamorganisation. Dabei verfolgt Trumpf das Führungsmodell „beidhändige Führung“: Das Kerngeschäft weiter vorantreiben (Exploitation) und gleichzeitig innovative Themen (Exploration) für die Zukunft vorantreiben.

In meinen Workshops können Sie tiefer in die dargestellten Themen einsteigen:

Revitalisierung von Old Economy Geschäftsmodellen
https://www.it-schulungen.com/seminare/business-skills-und-fuhrung/unternehmensfuhrung/revitalisierung-von-old-economy-geschaftsmodellen-strategieentwicklung-mit-geschaftsmodellen.html

oder der viertägige Intensivworkshop "Digital Transformation Manager"

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