Digitalisierung

In der Digitalisierung müssen Kompetenzen und Fähigkeiten der Mitarbeiter mit dem richtigen Wissen und Mindsets auf die entsprechenden Rollen und Aufgaben angepaßt oder aufgebaut werden.

Krankenhäuser auf dem für sie sehr hindernisreichen Weg zur digitalen Transformation

Albert Thienel
Expert
Das Klinikum Forchheim hat den Digital Leader Award 2018 erhalten als Anerkennung für die Einführung erster, digitaler Teillösungen. So hat das Krankenhaus z.B. bereits die elektronische Patientenkurve und die Wunddokumentation mit dem iPad Mini statt mit Digitalkameras erfolgreich eingeführt. Zudem wurde der Rettungsdienst digital an das Krankenhaus angebunden. So ist er in der Lage, von unterwegs Protokolle, Unfallbilder und EKG-Kurven an das Klinikum zu schicken, wodurch diese wichtigen Informationen schon vor dem Patienten im Krankenhaus eintreffen. Die Themen der digitalen Transformation der Krankenhäuser sind natürlich weit umfangreicher und lassen sich in sieben Themencluster gruppieren:

1. Digitale Vernetzung mit den anderen Dienstleistern im Gesundheitssystem (z.B. einweisende Ärzte, Apotheken, Spezialkliniken, ambulanter Pflege, Krankenversicherungen usw.; z.B. über Gesundheitskarte, elektronische Patienten- und Fallakte, eArztbriefe, Telemedizin)
2. Digitale Angebote für die Patienten (z.B. Patientenportale mit Info- und Selfserviceangeboten, Wearables, Buchung von Sprechzeiten, digitales Info- und Entertainment, Essensbestellung, alle Infos über das Krankenhaus usw.)
3. Digitale Dienste für Ärzte und Pflege (z.B. Patientenakte, Labordaten, Dokumentation, Anforderungen an Radiologie, Labor, OP, schnelle Kommunikationskanäle mit den Kollegen, Info Apps zur Medikation und Krankheitsbildern, alle Anforderungs- und Bestellformulare usw.
4. Digitalisierung der Krankenhausprozesse, Logistik, Technik (z.B. interne Ver- und Entsorgungslogistik, vernetzte Medizintechnik, intelligentes Bestandsmanagement, Betten- und Entlassmanagement, perioperatives OP-Management usw.)
5. Digitale Lösungen für die Verwaltung (z.B. Analytics für Medizincontrolling / Controlling, digitale Personalprozesse (digital HR), Leistungsdokumentation / -prüfung MDK, Digital Workplace z.B. MS Teams usw.)
6. Smarte Gebäudelösungen (z.B. Energiemanagement, Technische Gebäudeausrüstung TGA, Zugangssysteme usw.)
7. Smart, medical Devices, 3-D Printing, Analytics/KI in der Medizin, z.B. zur Befundung

Die Anzahl der Themen und inzwischen auch angebotenen Einzellösungen sind sehr umfangreich. Daher sollte jedes Krankenhaus seine vordringlichen Handlungsfelder definieren, die insbesondere Patientennutzen stiften, Ärzte und Pflege deutlich entlasten und schließlich auch zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation beitragen. Wo die Geschäftsführung nicht initiativ geworden ist nutzt häufig das medizinische Personal „unerlaubt“ bereits ihre privaten Handys, z.B. WhatsApp für die Übermittlung von z.B. Wundbildern oder APPS über Medikamente und Krankheitsbilder, ohne dass diese APPS vom Krankenhaus autorisiert wurden. Andere Krankenhäuser haben erkannt, dass solche Angebote das medizinische Personal entlasten, die Versorgung verbessert und einen erster, motivierender Nutzenfall digitaler Angebote darstellt. So hat z.B. Asklepios das Wissenstool „UpToDate“ zur klinischen Entscheidungsunterstützung offiziell eingeführt, um Diagnosen und Therapien zu unterstützen.

In der Analyse der betriebswirtschaftlichen Nutzenpotenziale von 26 digitalen Gesundheitstechnologien stellt die eine neue McKinsey Studie („Deutsches Gesundheitswesen im digitalen Tiefschlaf“, CIO 24.10.18) folgende vier Handlungsfelder in den Vordergrund:
1. Papierlose Daten, z.B. ePatientenakte, E-Rezept
2. Onlineinteraktion, z.B. Teleberatung, Fernüberwachung von Patienten
3. Ergebnistransparenz / Entscheidungsunterstützung
4. Arbeitsabläufe / Automatisierung

Nach meinen langjährigen Erfahrungen mit Unikliniken und den großen Krankenhausverbünden sind aber eine Vielzahl von Herausforderungen zu lösen, um diesen Weg erfolgreich zu gestalten:
1. "Die Akteure im Krankenhaussystem" werden nur zur erfolgreichen Mittwirkung zu bewegen sein, wenn sie persönlich deutlich entlastet werden und nachhaltiger Patientennutzen entsteht.
2. Eine breit angelegte digitale Transformation wird erfolgreich nur durch Veränderungen der Arbeitsabläufe, Rollen, Teamarbeit, des Führungsverhaltens und der Unternehmenskultur möglich sein.
3. Ein hohes Hindernis sind bereits heute die "Überlastungsthemen", verursacht z.B. durch Ärztemangel, Pflegenotstand, zu wenige und passend qualifizierte IT Fachkräfte, optimierungswürdige, insbesondere klinikübergreifende Arbeitsprozesse (z.B. perioperatives OP-Management) und Silodenke.
4. In den meisten Krankenhäusern ist die IT überlastet, insbesondere mit >30% des Zeiteinsatzes für operativen Troubleshooting- und überwiegend banalen IT-Anwender Hilfsleistungen. Eine Vielzahl klinikspezifischer IT-Systeme und nicht miteinander kommunizierender Datenbanken sind nicht selten anzutreffen. Die IT-Architektur und Organisation wird in vielen Fällen neu auszurichten sein.
Gleichzeitig besteht vielerorts ein hoher Investitionsstau bei gleichzeitig knappen Finanzmitteln. Die IT-Kompetenz der Klinikmitarbeiter und des IT-Fachpersonals müssen deutlich weiterentwickelt werden, damit sie die digitale Transformation erfolgreich bewältigen können, auch im Hinblick auf die Neugestaltung ihrer Arbeitsorganisation und Arbeitsprozesse.

Weiterhin ist also zu erwarten, dass nur digitale Einzellösungen umgesetzt werden. Skalierbare, digitale Plattformen und schrittweise, digitale Entwicklungspfade werden bei den unzureichenden Voraussetzungen eher die Ausnahme sein. Umfangreiche Digitalisierungschancen ergeben sich allerdings bei Krankenhausneubauten, neuen, gesetzlichen Regulierungen (z.B. elektronische Patientenakte) und falls es in Zukunft umfangreiche, staatliche Fördertöpfe geben sollte.

Ein Beispiel für die Nutzung eines Neubauvorhabens für die Einführung digitaler Lösungen stellt das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein dar mit:

1. Digitaler Vernetzung mit den anderen Dienstleistern im Gesundheitssystem: Elektronische Patientenakte zum Datenaustausch zwischen Ärzten, Kliniken und Therapeuten.
2. Digitalen Angeboten für die Patienten: SelfCheckIN-Terminals im Aufnahmebereich; Patienten können z.B. über Vitabook seine relevanten Behandlungsdaten, z.B. den Medikationsplan, auf sein Smartphone herunter laden; Ortungsdienste, z.B. für kardiologische Patienten; LCD-Bildschirme mit Zugriff auf Video-on-Demand, Internet, TV, behandlungsbezogenen Fragebögen, Schmerzbuch und Patientenzufriedenheitsfragebögen.
3. Digitale Assistenzdienste für Ärzte und Pflege: Bedside-Terminals unterstützen bei der mobilen Visite, z.B. zum Aufruf von Befunden.
4. Digitalisierung der Krankenhausprozesse: Vollautomatische Lagerung und Zusammenstellung im Bereich Sterilisation; automatisiertes Unit-Dose-System. Tracking beim automatisierten Warentransport und zur Lokalisation von zu reinigenden Betten via Dashbuttons.

Erfahren Sie mehr zu diesen Themen in unseren Workshops:
Digital Transformation Manager
https://www.it-schulungen.com/seminare/digitalisierung/digital-transformation-manager.html

oder "Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle"
https://www.it-schulungen.com/seminare/digitalisierung/entwicklung-digitaler-geschaftsmodelle.html

Ergänzend sehr lesenswert Handelsblatt, 26.06.2021:
https://www.handelsblatt.com/technik/forschung-innovation/insight-innovation-ein-labor-fuer-start-ups-diese-klinik-in-israel-zeigt-wie-zukunft-in-der-medizin-gelingt/27354166.html?ticket=ST-3027275-wo1AByX1sHhK3dfksXdI-ap2

#Krankenhauszukunftsgestz

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